Warum gehen wir in die Berge? Die Motivation früh morgens auf zu stehen, stundenlang noch in der Kälte und ohne Sonne den Berg aufwärts zu laufen um dann irgendwann verschwitzt auf dem höchsten Punkt zu stehen, lässt sich manchmal schwer beschreiben. Bis man dann selbst am Berg steht, die Sonne im Gesicht und das ganze Panorama vor Augen.

Im Winter ist es an manchen Tagen besonders schwierig sich zu motivieren. Zu oft sind die Verhältnisse alles andere als verlockend. Und doch verspüren wir selbst bei null Zentimeter Neuschnee und Windstärke 5 in der Regel den Drang, nach draussen zu gehen.

Was finden wir dort? Und was treibt uns Menschen an auf einen Berg zu steigen?

Das Draussen sein hat im Winter viele unterschiedliche Spielformen. Je nach Schneelage und Wetterbericht, bedeutet Winter für uns, dass wir entweder ins Skigebiet zum Freeriden gehen, eine Skitour laufen oder wenn die Zeit knapp ist, nur für eine kleine Runde auf die Loipe oder hinters Haus zum Joggen gehen.

Ein Aspekt des Draussen seins ist sicher die sportliche Betätigung. Manche Menschen folgen einem Trainingsplan, der sie stur nach Plan an die frische Luft bringt. Oder wenn es schlecht läuft, auf ein Laufband in den Keller. Ein Trainingsplan und ein Ziel vor Augen vereinfacht es sicherlich, den inneren Schweinehund zu bekämpfen und trotz Dunkelheit und Kälte Joggen zu gehen. Oder 3 Mal hintereinander bei miesem Schnee im Dunklen im Laufschritt auf die Alpspitze zu laufen. Eine Sportuhr und die gemessene Zeit, können auch ein Antrieb sein. Immer schneller, höher, weiter. Die bestimmt schlechtesten Attribute, die man unserer Gesellschaft zuordnen kann. Unabhängig davon, kann es aber auch sehr erfüllend sein, seine Grenzen auszutesten, zu erreichen und zu verschieben. Hart für ein Ziel zu trainieren und es hoffentlich am Ende zu erreichen.

Andere sehen das vielleicht nicht ganz so verbissen, nutzen die Sonnenstunden und bewegen sich ein bisschen in der frischen Luft. Sind damit zufrieden, ums Haus gelaufen zu sein und ihrem Körper die so wichtige Bewegung und frische Luft gegeben zu haben.

Wir befinden uns uns irgendwo zwischen diesen beiden Kategorien. Wir haben kein explizites Ziel vor Augen und folgen keinem Trainingsplan. Gleichzeitig haben wir aber schon einen gewissen Anspruch an unsere Touren und wollen die freie Zeit, die wir haben gut nutzen. Vor allem aber bewegen wir uns einfach gerne in der Natur und wollen unseren Körper auch gut fit halten. Sowohl die Sportarten, die wir im Sommer, als auch im Winter betreiben, haben zumeist einen kleinen Abenteuer-Touch. Und irgendwo kann man auch immer das Wörtchen “Flow” unterbringen.

Somit ist einer unserer Beweggründe sicher dieses “Flowgefühl”. Zu wissen, dass man nach dem schweißtreibenden Aufstieg eine schöne Abfahrt vor sich hat. Bei der man dann am Ende mit einem Lächeln im Gesicht und in der Regel etwas aus der Puste zurück zum Gipfel schauen kann und weiß: Da oben stand ich gerade. Neben dem Flowgefühl, wird man zugegebenermaßen auch ein bisschen süchtig danach, sich gewisse Touren auf die Fahnen schreiben zu können. Eine To-Do Liste mit Zielen zu führen, muss aber nicht zwingend negativ behaftet sein, Ziele zu formulieren und gewisse Berggipfel auf der Wunschliste stehen zu haben sind genauso Ansporn und Motivation.

Uns treibt also nicht nur die Abenteuerlust oder die Motivation einen gesunden und widerstandsfähigen Körper aufzubauen nach draussen. Oftmals gibt es noch einen weiteren Grund, früh aufzustehen und das “normale Leben” für einen Tag hinter sich zu lassen. Vieles passiert im Kopf. Draussen sein, bedeutet den Kopf frei zu bekommen. Sich mit der Natur, den Verhältnissen, der Bewegung zu beschäftigen. Und alles rundherum gut sein zu lassen. Einzutauchen in das Flow-Gefühl einer schnellen, pulvrigen Fahrt bergab. Oder aber auch Aufzugehen im Kampf gegen den Wind und die widrigen Bedingungen und sich Stück für Stück dem Gipfel zu nähern.  

And into the woods I go, to lose my mind and find my soul.

John Muir

Berge sind so etwas wie Ruhepole. Sie waren, in für uns sinnvollen Zeiträumen gemessen, schon immer da. Die Natur hat sich, dort wo der Mensch noch nicht zu viel eingegriffen hat, ihre Welt entsprechend eingerichtet. Alles folgt dem Rhythmus der Jahreszeiten, den Gesetzen der Natur. Als Mensch fühlt man sich inmitten dieser Welt ganz oft, ganz schnell sehr klein und verletzlich. Und lernt manches wieder mehr zu schätzen.

Auch wenn wir mit unseren sportlichen Betätigungen manchmal wie ein Feindbild dieses natürlichen Systems wirken, sind wir trotzdem Teil des Ökosystems. Teil dieser Natur zu sein, kann unheimlich viel Kraft geben. In Ruhe auf einem Gipfel zu sitzen und rundum zu Blicken, hat eine ganz besondere Wirkung auf uns Menschen. Und besonders, wenn man in der “realen Welt” mit vielen unterschiedlichen Szenarien konfrontiert wird, tut es gut, einfach mal in die Weite zu schauen. Die Wolken zu beobachten, die Wechten am Gipfel nebenan, die der Wind geformt hat, die Gämsen die sich am Nachbarhang gemütlich ihren Weg nach oben bahnen. Das bedeutet nicht, die Augen zu verschließen, sondern mal durchzuatmen und Kraft zu sammeln für das was kommt.

Zu guter Letzt hat das Draussen sein oftmals auch eine soziale Komponente. Während der Satz “no good friends on powder days” zwar nach wir vor für unsere kaffeetrinkenden Freunde gilt, ist es umso schöner, an einem Tiefschneetag mit einer Gruppe von Freunden unterwegs zu sein. Der Mensch ist ein Rudeltier und so lässt man sich auch gern von Freunden motivieren, gemeinsam eine Bergtour zu unternehmen. Eine Gemeinschaft formt sich über ihre gemeinsamen Aktivitäten oder bzw. im besten Falle und ihre ähnliche Weltsicht. Wenn man mit Freunden zwar sportlich auf einer Wellenlänge ist, können sich trotzdem oft Situationen ergeben, bei welchen unterschiedliche Wertvorstellungen und Ideale aufeinander treffen. Gemeinsam Erlebtes schweißt zusammen und schafft es auch oft, gewisse Einstellungen zu ändern oder Personen zum Nachdenken anzuregen. Besonders auf Skitouren hat man in der Regel am Weg nach oben stundenlang Zeit sich zu unterhalten  – vorausgesetzt man hat genug Puste. Die sich entwickelnden Gespräche sind bereichernd und lassen einen manchmal einen neuen Blick auf die Welt werfen.

Und auch reflektieren, wie gut es uns geht in dieser wilden Welt.

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