Unsere Nepalreise sehen wir nicht nur als sportlichen “Auftrag”, sondern als Gelegenheit in eine neue Kultur abzutauchen. Voll von fremden Ritualen, religiösen Besonderheiten und Begegnungen mit neuen Menschen, die vermeintlich ganz anders Ticken als wir – obwohl sich das in der Regel immer sehr schnell relativiert.
Das “Reisen” unterscheidet sich für uns sehr stark vom “Urlaub”. Im Urlaub suchen wir in der Regel ein Ziel aus, dass uns sportlich und landschaftlich begeistert. Zum Beispiel die französischen Alpen zum Laufen & Radeln, die schottischen Highlands mit ihren Trailcentern oder die Einsamkeit der Wanderwege in Norwegen. Dort ist es immer easy, sportlich auf seine Kosten zu kommen. Und klar, auch dort verbringen wir ganz einheimisch Abende im Pub oder unterhalten uns beim Wandern den ganzen Abend mit norwegischen Fischern – doch im Vordergrund steht immer der sportliche Ansatz.
Beim Reisen geht es um viel mehr. Es geht darum, in eine fremde Kultur einzutauchen, viele neue Eindrücke zu sammeln und sich in einer fernen Welt zurecht zu finden. Dabei kann uns unser Elan, nach draussen zu kommen, durchaus von Vorteil sein. Sport verbindet und oftmals haben wir so – auch auf Fernreisen – die besten Eindrücke, abseits der touristischen Modetouren bekommen.
Nepal als Reiseland haben wir aus unterschiedlichen Gründen ausgewählt. Es hat etwas Magisches an sich, gilt als Bergsteigerland und hat vor allem Lisa schon immer fasziniert. Die Kultur, die Landschaften bzw. Berge und die Freundlichkeit der Menschen sind weithin als Reisegrund bekannt. Dazu kommt, dass wir einen nepalesischen Freund haben und uns auch mehrfach schon Freunde vom Biken in Nepal erzählt hatten. Also viele Gründe, dieses Land als Destination auszuwählen.
Da wir nicht unbedingt der Kategorie “fertigt gebuchte Reise mit Veranstalter” angehören, entscheiden wir uns, Nepal auf eigene Faust zu erkunden. Mit kleiner Unterstützung unseres Kumpels Himal. In einem Entwicklungsland ist es in der Regel ein bisschen schwieriger, seine Touren alleine umzusetzen. Oftmals ist es schon problematisch das richtige Transportmittel zu finden, die Planung von Touren ist aufgrund fehlender Infrastruktur aufwändiger und insgesamt ist man auch mental viel geforderter. Und manchmal ist schlicht die Luftverschmutzung, der Verkehr oder der fehlende Berg ein Problem, das sich nicht so einfach lösen lässt.
Der Tourismus in Nepal ist aufs Wandern, Trekking und Bergsteigen ausgelegt. Es gibt jede Menge bekannte Routen denen man folgen kann und bei welchen man – als bereits sportlicher Mensch – auch recht einfach ans Ziel kommt. Abgesehen von der Höhe, die für uns europäische Touristen das größte Hindernis und auch den größten Reiz darstellt. Aber die Touren sind gut beschrieben, teilweise komplett mit Infrastruktur (Hütten, gebauten Wegen etc.) versehen und somit gut planbar.
Wobei nach wie vor das Problem des Transports und der Zugänglichkeit bleibt. Von Kathmandu nach Pokhara führt der “Highway 1”. Es kann , wenn es schlecht läuft, bis zu 12 Stunden dauern, bis man die 200 Kilometer hinter sich gebracht hat. Und genau so geht es auch weiter, wenn man zum Wandern möchte. Je nach Startpunkt kann man den Local Bus nutzen – Fahrplan unbekannt – oder sich für einiges an Geld einen Jeep anheuern. Der Transport in Nepal ist schon ein Abenteuer für sich. Und hat uns zu Beginn dann doch etwas überrascht. Wir waren der Meinung, dass wir von Pokhara “ganz einfach” zum Berglaufen los könnten 🤣.
Gleichzeitig ist Nepal ein Schmelztiegel an Kulturen und religiösen Richtungen, die anders als in Mitteleuropa noch sehr stark das tägliche Leben prägen. Und genau diesen Teil würden wir auf keinen Fall missen wollen. Da werden die Berge und der Sport ausnahmsweise mal hinten angestellt.
Wenn man in der Hauptstadt Kathmandu das Touristenviertel “Thamel” verlässt ist man mittendrin in diesem schönen, chaotischen, lauten Mix an Kulturen und Lebensentwürfen. Und erkennt aber auch hier sehr schnell die Gemeinsamkeiten. So unterschiedlich die Welten auch sind, am Ende findet man sich bei einem Familientreffen & einer Zeremonie wieder, die im Endeffekt nichts anderes als die Kommunion des eigenen Cousins sein könnte. Mit all den schnatternden Tanten, die sich ein paar Monate nicht gesehen haben und sich nun eifrig austauschen. Und da wird die Welt auf einmal wieder ganz ganz klein.
Andere Traditionen, wie die öffentlichen Verbrennungen im Pashupatinath Tempel erscheinen uns im ersten Moment etwas makaber, zeigen aber die tiefe religiöse Verwurzelung und sind am Ende des Tages auch nicht so viel anders als unsere Bestattungen am Friedhof – nur etwas offener gedacht.
So erkennt man in der Andersartigkeit der Menschen ganz schnell viele Gemeinsamkeiten und lernt auch für sich selbst wieder vieles dazu.
Eines haben wir direkt am ersten Tag unseres Aufenthalts schon bestätigt bekommen: Die Offenheit & Freundlichkeit der Menschen.
Am 6. März fand das Holi Festival, das traditionelle hinduistische Frühlingsfest statt. Die Menschen sind den ganzen Tag auf der Straße, verteilen Farben in den Gesichtern von Fremden und feiern den Frühlingsbeginn sowie den Triumph des Guten über das Böse. Die Farben stehen dabei für unterschiedliche Bedeutungen, Rot steht für die Liebe & das Positive, Blau für den Gott Krishna, Grün für die Natur. Sie machen jeden “gleich”, egal welche Hautfarbe sich unter den bunten Farben versteckt.
So herzlich wurden wir noch nie in einer uns unbekannten Stadt aufgenommen!
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