Unsere komplette Produktion ist mittlerweile in Portugal und das hat gute Gründe. Wenn wir neue Leute kennen lernen, werden wir immer wieder gefragt, warum es genau Portugal ist und wie die Termine vor Ort so ablaufen. Daher nehmen wir euch nun mit und zeigen euch eine Arbeitswoche in Portugal. 

Unsere Partner sind in einem 60 km Radius rund um Porto, vor allem im Norden der Stadt verteilt. Daher gilt es immer einen strategisch günstigen Ausgangspunkt zu wählen. Porto selbst bietet sich für den Beginn an, aber um die Wege kurz zu halten, suchen wir uns in der Regel eine Unterkunft in Povoa de Varzim (Meer-Bonus) oder in Barcelos, dem Zentrum der Textilindustrie. Barcelos liegt mitten in den grünen Hügeln des Nordens und im Umkreis der kleinen Stadt befinden sich zahlreiche Nähereien und Stoffhersteller. Von dort ist es auch nicht weit bis Braga, Guimarães und Vila Nova de Famalicão – den anderen zentralen Anlaufstellen für den Textilbereich.

Warum Portugal?

Die traditionelle Textilindustrie in Portugal hat die Abwanderung nach Asien überstanden und erlebt in den letzten Jahren wieder ein Aufschwung. War sie einst die “Fast Fashion Ecke Europa’s”, haben sich die Unternehmen, die im Textilbereich arbeiten nun weiter entwickelt, bieten neue Technologien und innovative Ideen zu Stoffen & Co an. Gleichzeitig haben sie ihre traditionelle Arbeitsweise und ihre Handwerkskunst bewahrt.

Portugal bietet für uns den großen Vorteil, dass es Teil der Europäischen Union ist, dass alle Umweltregularien eingehalten werden und mitunter in viele weiterführende, nachhaltige Technologien investiert wird – und das ohne Bitten & Drängen: So hat uns eine Färberei vor Kurzem ganz stolz ihre Osmoseanlage zur Abwasseraufbereitung vorgeführt, eine unserer Partnernähereien erzählte beim Termin ebenfalls sehr stolz von ihren PV-Anlagen und der nachhaltigen Stromerzeugung und mit unseren Stoffherstellern sind wir in Bezug auf die Rohmaterialien immer besser bedient – sie wissen, dass wir z.B. immer Biobaumwolle wollen und suchen für uns nach nachhaltigen Optionen.

Mit den Portugiesen ist man auf einer Wellenlänge, das ist sicher auch einer der Bonuspunkte. Durch unsere häufigen Besuche bauen wir eine vertrauensvolle Beziehung auf und stärken so auch die Bindung. Wir sind davon überzeugt, dass langfristige Beziehungen auch zur Nachhaltigkeit beitragen und so das gesamte System stärken und die Qualität verbessern.

Hinzu kommen die kürzeren Wege. Nicht nur für uns der Weg nach Portugal, sondern auch die kurzen Wege innerhalb der Region Nordportugal: Die Lieferkette im Textilbereich ist lang und es benötigt eine Vielzahl an spezialisierten Betrieben. Das wiederum ist ein großer Bonuspunkt in Portugal. Nicht nur die Nähereien haben die Abwanderung zugunsten Asiens überlebt, sondern die Stickerei ist zwei Straßen weiter, der Stofflieferant nur ein paar Kilometer entfernt, die Etiketten kommen aus der Nachbarstadt und selbst die Knöpfe lassen wir nun in Portugal fertigen – nur die hochwertigen YKK Zipper müssen wir noch anderorts zukaufen. So können unsere Produkte fast komplett in Portugal hergestellt werden und am Ende ein Mal mit der Spedition in unser Lager in Süddeutschland gebracht werden.

Dazu kommt, dass das soziale System in Portugal mit Deutschland vergleichbar ist. Die Arbeitszeiten sind klar geregelt, Pausezeiten & Beschränkungen werden eingehalten, es gibt einen existenzsichernden Mindestlohn, der stetig steigt. Wir könnten uns vorstellen in Portugal zu leben & zu arbeiten, und zwar so wie die Portugiesen. Und das ist unser Anspruch an die Produktion – sicherzustellen, dass durch unsere Fertigung keine Ausbeutung oder Bereicherung erfolgt. Es mag sein, dass es in den fair produzierenden Betrieben Asiens ebenfalls Mindestlöhne gibt, aber ob diese existenzsichernd sind bzw. einen gewissen Lebensstandard erlauben, ist wieder eine andere Frage.

Neben den Umwelt- und Sozialstandards bietet Portugal hohe Qualität, Innovation und Wertigkeit. Genau das, was kleinere, nachhaltig produzierende Labels suchen.

Ein typischer Arbeitstag in Portugal: Vor 9 Uhr morgens findet in der Regel kein Termin statt, die Portugiesen starten eher spät in den Tag. So können wir erst einen guten Kaffee in einer der typisch portugiesischen, weiß & clean eingerichteten Padarias geniessen. Wer wie die Einheimischen bestellen will, der ordert einen Torrada (einen Riesentoast, der mit Butter bestrichen und in drei Stücke geschnitten wird) und dazu einen Abatanado, den portugieischen Americano. So spart man sich beim Frühstück ein bisschen Zucker und hebt sich sein Pastel de Nata für die Mittagspause auf. Den eines will gesagt sein, wer sonst wie wir Vollkornbrot, meist vegan und keinen Zucker isst, der kommt in Portugal nicht weit – aber eine Woche lang, kann man da ja eine Ausnahme machen😃🍞. 

Die ersten Termine finden dann in der Regel um 9 Uhr statt und man hat bis zur obligatorischen, portugiesischen Mittagspause von 12-14 Uhr ausreichend Zeit um alle notwendigen Punkte zu besprechen, die Schnittmacherin zu treffen, eine Führung durch die Näherei zu bekommen, etc.

Um 10 Uhr hört man dann die Glocke in der Näherei läuten – Vormittagspause. Alle Näherinnen erheben sich, trinken Kaffee, ratschen, rauchen. Was man eben so macht. 

Zwischen 12 und 14 Uhr sind die meisten Betriebe geschlossen. Es bleibt also auch für uns Zeit genug, Mittag Essen zu gehen und danach pünktlich zum zweiten Termin des Tages beim nächsten Partner zu erscheinen. Oder wahlweise auch mal schnell auf einen der kleinen Berge hochzulaufen🏔️. Da alles so nahe beieinander ist, hat man kurze Wege und kann je nach Besprechungsbedarf 2-3 Termine pro Tag abhalten. 

Wir versuchen immer, alle unsere Partner zu besuchen – die persönliche Kommunikation hat einen sehr hohen Stellenwert in Portugal und man ist überall jederzeit willkommen.

Aktuell arbeiten wir mit neun unterschiedlichen Partnern zusammen – alle Experten ihres Faches. So besuchen wir die Hemdenmanufaktur, die Strickerei, unsere Jeans-Produzenten und unsere Spezialisten für hochtechnische, funktionale Materialien. Sie wiederum arbeiten mit einer Vielzahl an weiteren Firmen des Textilbereichs zusammen. Es gibt eigene Firmen, die nur Stickereien & Drucke machen, andere die sich auf die Produktion von Zutaten (Knöpfe, Bänder, Etiketten) spezialisiert haben und natürlich auch die zahlreichen Färbereien & Wäschereien. Portugal hat  den großen Vorteil, dass sich all diese Firmen im Norden des Landes befinden und jeder unserer Partner hat hier wiederum seine “Lieblingsstickerei” mit der er zusammen arbeitet und die in der Regel ganz in der Nähe ist. So kommen zu unseren neun Manufakturen wiederum eine Vielzahl an potentiellen anderen Partnern hinzu, die wir bei Bedarf besuchen. Letztes Jahr waren wir zum Beispiel in einer der Stickereien, im Jahr davor in einer der renommiertesten Wäschereien. So können wir uns in der Zulieferkette einen Eindruck von den Umwelt- und Arbeitsbedingungen vor Ort beschaffen und zudem noch viel Praxiswissen sammeln.

Dieses Mal liegt unser Schwerpunkt auf der Entwicklung eines neuen Hemdes mit unserer Hemdenmanufaktur. Wir haben uns hier etwas besonders Feines überlegt, ihr dürft gespannt sein. Der in Spanien hergestellte Stoff liegt auch bereits im Lager, nun gilt es nur noch die Details final zu verfeinern und die Produktion zu starten.

Wie immer verbringen wir auch Stunden bei unserem Strickmeister. Am Ende ist der ganze Besprechungsraum gut gefüllt mit Garnordnern und Farbkarten. Wir sortieren hin und her, besprechen Vor- und Nachteile der Garne und schließen auch schnell viele Karten wieder aus, da oftmals die Mindermengen nicht passen oder die Hersteller nicht auf für uns relevante Kriterien wie Biobaumwolle, Responsible Wool Standard, Waschbarkeit etc. achten. In die Strickerei laufen wir eigentlich jedes Mal mit dem Gedanken hinein, dass es ja schnell gehen sollte – um dann mit leicht schwirrendem Kopf pünktlich zum portugiesischen Feierabend erst wieder an der frischen Luft zu stehen. 

Im Termin mit der Jeans-Manufaktur geht es dieses Mal um Stickfarben und Verarbeitungsdetails eines neuen Produkts. Vor Ort lassen sich “Kleinigkeiten”, wie die Garnwahl und die Stiche einfach besser besprechen. 

Unser Highlight ist dieses Mal der Besuch unseres Partners für die technischen, sportlichen Produkte. Wir können vor Ort den ersten Prototyp eines Produktes besprechen und den Ansprechpartnerinnen unsere nächsten Produktideen vorstellen. Hier ist es vor allem zu Beginn eines neuen Projektes wichtig, die Details anzusprechen und abzuklären, ob alle unsere Ideen auch wirklich umsetzbar sind. Es bleibt auf jeden Fall spannend!

Nebenbei besuchen wir noch eine kleine Näherei mit der wir ein ganz neues Produkt designt haben – eine Latzhose. Hier liegen schon alle Zutaten, wie Knöpfe, Schnallen & Co bereit und wir warten gerade auf das letzte Muster vor der Produktion. Das wird auch ein sehr schönes Produkt😃. 

Ja und neben all diesen Terminen?

Da bleibt ausreichend Zeit das Land zu geniessen. Auch Nordportugal bietet zahlreiche Strände, im Hinterland kann man Wandern & Berglaufen, in Porto selbst ein bissen Großstadtluft schnuppern und fein essen gehen oder abends noch in der Lieblingsbar versumpfen. In Porto haben wir über die letzten Jahre schon viel Zeit verbracht, haben unsere Lieblingsbäckerei (wer mal in Porto ist, unbedingt im Odete vorbei schauen), unsere “Ecke” der Stadt, in der wir uns schon zuhause fühlen und unsere Routinen, was wir wir auf jeden Fall immer wieder sehen & machen wollen. Für alle, die noch nie in Nordportugal waren, denen würden wir einen Besuch sehr empfehlen.

Für die Produktion in Portugal sprechen also eine Vielzahl an Gründen. Für uns sind folgende besonders ausschlaggebend:

  • die hohen Umwelt- und Sozialstandards
  • die Nähe zu Deutschland, europäische Produktion – sowohl in den Transportwegen als auch für Qualitätssicherung, Kommunikation, etc.
  • der Lifestyle und die Leute – man ist dann doch irgendwie auf einer “Wellenlänge”
  • die hohe Qualität und Diversifizierung im Land – man bekommt wirklich (fast) alles, man muss nur ein bisschen suchen 😃

Und je mehr man von der Welt gesehen hat und auch asiatische Länder besucht hat, umso mehr freut man sich hier in Europa Teil der Textilbranche zu sein, Arbeitsplätze unter guten Bedingungen zu schaffen und gemeinsam wertige, nachhaltige, zukunftsfähige Produkte herzustellen! Und wir finden, das spiegelt sich eben genau so in unseren Produkten wider.

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